Der Anteil von industriell hergestelltem Fleisch liegt in Deutschland noch immer zwischen 98 und 99 %. Mit meiner Kaufkraft kann ich daran wenig ändern. Selbst wenn ich das Biofleisch in Schubkarren Heim schaffe, es wäre dennoch vergebens.
Der aussichtsreichste Weg, das perverse Treiben der Fleischindustrie zu stoppen, liegt im Verzicht. Da ich eine ökologische bäuerliche Fleischproduktion dennoch befürworte, habe ich letztes Jahr eine Kuhaktie vom Kattendorfer Hof erworben.
Auf diesem Demeter-Betrieb nördlich von Hamburg heißen die Kühe noch Isa, Ilona, Ilka oder Ilsa. Das weiß ich, weil ich gestern den liebevoll gebastelten Jahresbericht in meinem Briefkasten fand: 36 Seiten über die Herausforderungen des Gemüsebaus, den Ausbau der Käserei und natürlich die Kuhherde.
Ich bin ein Stadtkind. Wie viele Deutsche habe ich keinen wirklichen Bezug zu den Lebensmitteln, die ich esse. Wurst und Käse sind bunt eingeschweißte Scheiben im Supermarkt. Diese beschämende Entfremdung hat bald ein Ende: Nächste Woche kaufe ich Milchprodukte von Isa und ihren wiederkäuenden Kolleginnen.
Als Anzahlung benutze ich die Dividende meiner Kuhaktie, die auf den Tag genau berechnet wurde und nächstes Jahr dementsprechend höher ausfällt. Wie schon die Aktie trieb mir auch der drollige Genussschein Tränen der Rührung in die Augen, ich werde mich schwerlich davon trennen können: Das nenne ich Realwirtschaft Mehr Kattendorfer Hof auf dem Suttnerblog: > Wenn ein Idealist eine Aktie kauft > Ich kaufe mir eine Kuh
In der Presse wurde die Umwelthauptstadt Hamburg verschiedentlich verrissen, die Bürgerinitiative „Moorburgtrasse stoppen!“ tritt nach: In ihrem aktuellen Flyer demontiert sie die millionenschwere Selbstinszenierung der Hansestadt zu Kohlestaub.
Besonders gefällt mir die Illustration: Auf einen Seitenturm des Hamburger Wappens wurde das Foto eines rauchenden Schlots gesetzt. Diese simple grafische Umsetzung karikiert hervorragend, wie leicht die Europäische Umwelthauptstadt 2011 demaskiert werden kann, wie wenig ihr Titel wert ist.
Auch hier herrscht Parkvebot für Vattenfall (Foto: AG Lunapark)
Noch immer plant Vattenfall die Zerstörung des Grünzugs Altona für seine als „Moorburgtrasse“ bekannt gewordene Fernwärmeleitung. Ein Großteil der Altonaer Parks und viele hundert Bäume sind betroffen.
Während ich den drohenden Verlust des Bertha von Suttnerparks bequem auf meinem Suttnerblog beklage, haben Anwohner des Lunaparks die Mewaluki-Schutzzone ausgerufen, die nach den an den Park angrezenden Straßen benannt wurde. Als AG Lunapark treffen sie sich dort jeden Mittwoch, darüber hinaus organisieren sie Veranstaltungen für ein Hamburg ohne Vattenfall.
An diesem Wochenende feiert die AG Lunapark ihr einjähriges Bestehen mit gleich zwei spannenden Terminen:
Kostenlose Vorführung des Dokumentarfilms Die 4. Revolution – Energy Autonomy
Samstag, 29.01.2011
Beginn: 19:30 Uhr
Clubheim des SC Union 03
Waidmannstraße 17
Parkfest zum einjährigen Bestehen der Mewaluki-Schutzzone
Darf ein Konzern, der seine Atomkraftwerke nicht im Griff hat, uns ein schmutziges Kohlekraftwerk vor die Tür stellt und uns mit überhöhten Strompreisen abzocken will, Teil unserer Kulturlandschaft sein?
Der schwarz-grüne Senat hat diese Frage mit „nein“ beantwortet, das Sponsoring für den umstrittenen Titel „Umwelthauptstadt Hamburg“ ging nicht an Vattenfall. Doch der Atom- und Kohlestromkonzern investiert in eigene Veranstaltungen, um sein schlechtes Image aufzuhübschen.
Vattenfall nennt es Unternehmenskultur, ich nenne es unzureichende Kompensationen für Verantwortungslosigkeit und Geldgier: Die Vattenfall Lesetage. Damit der Konzern auch hier an Boden verliert, heißt es im April erstmals „Lesetage selber machen - Vattenfall Tschüss sagen!“.
Es wird schwierig, ohne Budget mit dem „größten privatwirtschaftlich finanzierten Literaturfestival in Norddeutschland“ zu konkurrieren. Aber zu den Unterstützern zählen schon jetzt große Namen wie Gängeviertel e.V. und der Hamburger Landesverband für Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Damit „Lesetage selber machen“ ein Erfolg wird, suchen die Organisatoren dringend Lesungsräume und natürlich Autoren, die sich im Rahmen dieses Lesefestes präsentieren möchten!
52 % aller deutschen Bienenarten standen 2007 auf der Roten Liste
Das Image der Wildbiene ist – gelinde gesagt – ausbaufähig. Allein die Ankündigung, den kleinen Nützlingen auf unserem Balkon einen Niststein anbringen zu wollen, stieß auf Unverständnis: Meine Freundin wollte notfalls bis nach Karlsruhe radeln, um dagegen zu klagen.
Schuld sind Kindheitserinnerungen an mahnende Eltern, schwarzgelbes Gewimmel auf dem Kuchen und abgedeckte Saftgläser. Doch diese Erinnerungen gelten Honigbienen. Wildbienen leben solitär, verhalten sich friedlich und auch die Naschsucht ihrer staatenbildenden Verwandtschaft teilen sie nicht.
Der Nutzen der Wildbienen, die über 80 % aller Blütenbesucher stellen, ist hingegen immens. Weltweit wird der finanzielle Wert des Bestäubens durch Bienen auf das fünffache dessen geschätzt, was Honig und Wachs einbringen: 153 Milliarden US$ jährlich. 2005 entsprach das 9,5 % aller landwirtschaftlichen Erträge!
Neben Wildbienen hoffe ich, in den 163 Nestgängen meines kleinen Bienenhotels auch die ebenfalls friedfertigen Einsiedlerwespen beherbergen zu dürfen. Denn die füttern ihren Nachwuchs mit Blattläusen, welche ich bislang mit stinkendem Brennesselsud von meinen Rosen vertreiben musste. Dass die extrem bedrohten Wildbienen nicht nur schützenswert, sondern zudem extrem possierlich sind, kann ich euch hoffentlich im April mit Fotos der ersten pelzigen Bewohner zeigen.
Im Golf von Mexiko wird wieder gebohrt. BP darf nicht mitspielen, knüpft sich dafür aber, gemeinsam mit dem russischen Staatskonzern Rosneft, die Arktis vor.
In Südostasien, Süd- und Mittelamerika und Afrika fallen weiter Tropenwälder für Plantagen und Bodenschätze, indigene Völker werden vertrieben, Widerständler unterdrückt. (Regenwald.org)
Ein globales Klimaabkommen ist nicht in Sicht.
Hier in Deutschland wurde die Laufzeitverlängerung beschlossen, marode Schrottmeiler wie Krümmel, Brunsbüttel und Biblis bleiben uns für Jahre erhalten.
Aber: selten waren Umweltthemen in Deutschland so allgegenwärtig wie 2010. Und einige Erfolge gab es doch zu feiern. Auch in Hamburg, wo sich ein stetig wachsender Widerstand gegen Vattenfall formiert hat.
Aus der Asche des Weltklimagipfels in Kopenhagen entstandt ein Projekt, das ich an dieser Stelle endlich zeigen möchte. Der Animationsfilm „Coalition Of The Willing“ weist Wege, den Kampf gegen den Klimawandel online zu koordinieren.
Unter der Ägide von Knife Party und Tim Rayner arbeiteten an dem Augenschmaus bekannte Größen wie Decoy, Parasol Island und YumYum London, entsprechend beeindruckend ist das Ergebnis.
Zunächst erschienen die 31 Episoden im Wochentakt, inzwischen ist das Meisterwerk komplett zu bewundern:
Hier wird die Elbe weiter vertieft. Hier wird ein Kohlekraftwerk die CO2-Emissionen um 40 % steigern. Hier bedeutet Umweltpolitik Wirtschaftspolitik. Willkommen in der Umwelthauptstadt Europas 2011.
Dass am Freitag unser baldiger Ex-Bürgermeister Christoph Ahlhaus das Jahr der „Green Capital Hamburg“ einläutete, passt. Schließlich hat er dem klammen Haushalt der Stadt eine CO2-arme Reiterstaffel abgetrotzt.
Dieser umweltpolitische Coup war dem Publikum wohl entgangen: Es echauffierte sich derart lautstark über die Diskrepanz zwischen Sein und Schein, dass die rhetorische Brillanz des Pferdefreundes ungehört verklang.
In Hamburg lässt sich nicht jede Umweltlüge mit Brot und Spielen kaschieren: Fehlen nur noch grüne Tomaten (Video: Lunavideo2010 @ YouTube)
[update:] Kreativer Protest hat keinen Platz, wenn der Senat sich selbst zelebriert. Dank Herlind Gundelach (CDU), die im folgenden Film kurz begrüßt wird, baut Vattenfall das Kohlekraftwerk Moorburg übrigens doppelt so groß wie geplant. Sie selbst wohnt in einem Passivhaus in Wilhelmsburg.
Mein Kühlschrank ist braun-weiß: Bioland-Eier frei Haus
Premiere auf meinem Speiseplan: Moormöhren, Pastinaken, Kresse Eine liebes Hobby ist es mir, über den Markt zu flanieren, um Gemüse, Obst, frische Pasta und hin und wieder ein schönes Stück Fleisch oder Fisch zu erwerben. Letzten Mittwoch kam der Markt dann erstmals zu mir. Was war geschehen?
Meine Freundin hatte mir zu Weihnachten ein Gemüse-Abo geschenkt. Nun bekomme ich jede Woche eine sogenannte Überraschungskiste geliefert. Die Überraschung hält sich in Grenzen: Was darin ist, kann ich vorher online nachsehen. Aber das Auspacken ist besser als Weihnachten.
In weiser Voraussicht liegen der Kiste simple und schmackhafte Rezepte für Menschen bei, die nun, wie ich, erstmals eine Petersilienwurzel in Händen halten. Der Kontakt mit solch eigentümlichen Gewächsen stellt für mich den Reiz des Abonnements dar. Denn auf dem Markt greife ich immer zu denselben Verdächtigen.
Abgerundet wird das Ganze durch den erfreulichen Umstand, dass ich bis zu drei Tage vor der Lieferung eine andere Kiste wählen oder leckere Dinge wie Wein und Käse dazu bestellen kann, viele aus regionaler Herstellung und fast alle in Demeter- oder Bioland-Qualität.
Bei mir hat die Bierkiste jedenfalls einen neuen Freund gefunden!
Womit soll so ein Konzern werben? Die beschämende Antwort lacht uns seit Tagen von zahlreichen 18/1 Plakaten entgegen. „Hamburg tankt grünen Strom.“ Was verschwiegen wird: Mit „Hamburg“ meint man bei Vattenfall acht der eigenen Mitarbeiter. Das erklärt immerhin den Claim „Energie für Hamburg“.
Erfreulicherweise waren couragierte Menschen so umsichtig, einige Werbeflächen mit Anmerkungen zu versehen. Go Greenpeace!
Kommt vor: fürs Lügen eine geklebt bekommen
In Berlin planen Vattenfall und die BMW Group für 2011 ein Pilotprojekt mit bis zu 50 Ladesäulen und 70 E-Fahrzeugen. Die Werbung dafür ist ebenfalls unnötig schwammig formuliert und war bereits Thema beim Klima-Lügendetektor.
Im vergangenen Jahr habe ich ausgezeichnete Kampagnen gemeinnütziger Organisationen gesehen. Herzhaft gelacht habe ich nur über eine einzige, die meisten setzten auf Schockeffekte oder Mitleid. Das verwundert nicht weiter. Schließlich ist es Mühsal genug, ein ernstes Anliegen wirklich bewegend zu verbreiten. Mit Humor scheint es ein Ding der Unmöglichkeit. Der Züricher Agentur Walker ist es gelungen, Ernstes unterhaltsam zu verpacken, ohne dabei zynisch zu werden. Auch deswegen gehört ihre Artenschutz-Kampagne für die Schweizer Stiftung Biovision für mich zu den herausragenden ökologisch motivierten Viral-Kampagnen der letzten Zeit:
Von wegen „Den ganzen Tag nur rumhängen“ (Video: Biovision)
Deutschland, du gibst mir Rätsel auf. Mit Dioxin verunreinigtes Geflügelfutter gelangt über Fleisch und Eier in die Supermärkte und plötzlich steht der Mob mit Mistgabeln und Fackeln bei den Bauern vorm Stall und schreit „Skandal“, anstatt mal lieber den eigenen Kühlschrank auszumisten. Ein Ei kostet im Discounter knapp 13 Cent. Hat jemand ernsthaft geglaubt, diese Legehennen dinieren im Ritz-Carlton und gehen danach zur Massage? Unser beständig wachsender Hunger nach immer billigeren Lebensmitteln hat Fabriken hervorgebracht, die keinem Tier mehr Platz, Licht und Futter zugestehen, als es das Produkt, in diesem Fall ein genormtes Ei der Güteklasse A, minimal erfordert.
Mit unserer Billigung ereignen sich in der Geflügelindustrie tagtäglich Skandale, von der Vergasung männlicher Küken bis zu Knochenbrüchen aufgrund von Kalziumverlust durch stetes Eierlegen und akuten Bewegungsmangel. Sie alle sind dem Preisdruck geschuldet. Und nun, da wir die Folgen unserer falschen Sparsamkeit selbst tragen sollen, schreien wir auf?
Letzten Endes sind die Betriebe, die technische Fettsäure verfüttert haben, den Konsumenten entgegengekommen. Denen, denen ein Ei nicht mehr als 13 Cent wert ist. Und denen, die sich nun vielleicht zu fragen beginnen, was sie eigentlich Tag für Tag so essen.
Hier ein dioxinfreies Rezept für veganes Rührei aus der PETA-Kochschow „Alles vegan“:
Björn Moschinski bittet zu Tisch (Video: PETA @ YouTube)